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Auch erschienen im Reiseführer "SCHWARZWALD auf dem Motorrad entdecken - BASECAMP SPEZIALAUSGABE" Tour 3 aus 10 (S. 52 - 67).
Text: Werner Kirchhoff, Victoria Kuhn
Bilder: ADDI creare-imagos, Franz Kirchhoff
Hier ist alles etwas größer, höher und exquisiter: Der Kuckuck und seine berühmte Uhr, ob riesengroß oder winzig klein, wird auf dieser Tour von nicht minder imposanten Uhrenträgern, Wasserfällen und Anstiegen bis auf die Passhöhe Ruhestein begleitet. Daneben gibt es das Schwarzwälder Freilichtmuseum Vogtsbauernhof und den größten deutschen Marktplatz in Freudenstadt sowie das Sternedorf Baiersbronn zu entdecken. Intensiver und näher lässt sich das, wofür der Schwarzwald schlechthin steht, wohl kaum erleben.
Bei dieser Tour erlebe ich gleichzeitig eine kleine Reise durch meine Kindheit. Damals fuhren wir von Bad Wildbad regelmäßig durch den Schwarzwald nach Freiburg im Breisgau, weil meine Eltern von dort stammten und dorthin immer noch ihre familiären Bindungen hatten. Ein ums andere Mal hielten wir an, um unterwegs die Schönheiten abseits der Strecke zu bestaunen.
Mittlerweile bin ich in Stralsund zuhause, dennoch fahre ich diese Strecke bei meinen Besuchen in der Heimat immer wieder und noch sehr gerne. Als Startpunkt bietet sich für mich natürlich, heute wie damals, Bad Wildbad an.
Poppeltal – Loßburg – Fluorn Winzeln – Niedereschach – Dauchingen – Schönwald – Triberg – Wolfach – Halbmeil – Sankt Roman – Oberwolfach – Bad Peterstal-Griesbach – Ruhestein – Mitteltal – Erzgrube - Bad Wildbad
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Dieses Mal soll es aber nicht bis nach Freiburg gehen, sondern nur nach Villingen-Schwenningen, und dann in einer großen Schleife über Triberg, Wolfach und Baiersbronn wieder zurück. Natürlich versäume ich es dabei nicht, auch mit meinen Mitreisenden an den Schönheiten neben der Strecke Halt zu machen.
Über Freudenstadt in den mittleren Schwarzwald
Durch das große Enztal geht es von Bad Wildbad in Richtung Süden, danach auf der B294 nach Freudenstadt über die offene Hochfläche der Gemeinde Besenfeld.
Die 732 Meter über dem Meeresspiegel liegende große Kreisstadt ist für den größten Marktplatz Deutschlands berühmt und besticht in der kalten Jahreszeit gerne durch ihr prächtiges Winterkleid. Ein Spaß, besonders für Kinder, sind im Sommer die darauf befindlichen 50 Wasserfontänen. Darüber hinaus hat Freudenstadt noch eine weitere Superlative zu bieten: Die Stadt nennt den höchstgelegenen Rosenweg ihr Eigen. Zusätzlich ist Freudenstadt die erste Fairtrade-Stadt im Schwarzwald.
Zwischen Freudenstadt und Baden-Baden befindet sich übrigens auch der Nationalpark Schwarzwald. Das rund 10 000 Hektar große Areal ist Baden-Württembergs erster Nationalpark. Er wurde 2014 gegründet.
Trotz der namentlichen Ähnlichkeit zum Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord, der den Nationalpark gänzlich umschließt, gehören die beiden Institutionen nicht zusammen. Besucher können hier vom Sperlingskauz (der kleinsten Eule Europas) bis zum Wanderfalken (dem schnellsten Vogel der Welt) viele unterschiedliche Tierarten bestaunen. Ziel des Nationalpark-Teams ist es, dass spätestens in 30 Jahren drei Viertel der Gesamtfläche gänzlich sich selbst überlassen sind. Der natürliche Prozess soll ganz ohne menschliches Eingreifen ablaufen. Seit März 2017 gibt es offiziell die Möglichkeit sowohl im Nationalpark als auch im Naturpark in sogenannten Trekking-Camps zu zelten.
Namensgebende Kinzig
Direkt an der B294 Pforzheim–Freudenstadt–Freiburg liegt der Ort Loßburg. Hier entspringt die Kinzig, die später bei Kehl in den Rhein mündet und dem bekannten Tal seinen Namen gibt. Über einen Waldweg gelangt man von der Kinzigquelle zum 35 Meter hohen Vogteiturm auf der Rodther Höhe. Von hier hat man einen herrlichen Blick bis hin zur Schwäbischen Alb.
Wer sich für die Geschichte der 7 500-Seelen-Gemeinde interessiert, kann sich darüber im Heimatmuseum im alten Rathaus informieren. Wir machen einen kleinen Stopp bei „Ziegler’s BACKLOFT“, bevor sich unsere Räder auf kleinen Straßen „über die Dörfer“ weiterdrehen und uns nach Niedereschach in den Schwarzwald-Baar-Kreis bringen.
Zwischen TOURATECH und Glockenspiel
Das „Quellenland“ Schwarzwald-Baar-Kreis ist gleich aus mehreren Gründen erwähnenswert. Hier entspringen mehrere Flüsse: Brigach, Breg, Elz, Gutach, Neckar und Schiltach. Darüber hinaus befindet sich hier der bereits angekündigte Ort Niedereschach, in dem sich das große Werk des Motorradzubehörspezialisten Touratech befindet.
Doch Niedereschach hat auch darüber hinaus noch einiges mehr zu bieten. So zeigt zum Beispiel das Heimatmuseum im ehemaligen Fischbacher Rathaus Interessierten unterschiedliche Lebensräume: vom Klassenzimmer bis zur Werkstatt. Um 12.05 Uhr sollte man zudem dem Glockenspiel am Rathaus lauschen, das übrigens mehrmals täglich je fünf Melodien zum Besten gibt.
Auch wir halten inne und lauschen kurz. Dann geht es über die B33 weiter. Zunächst in das schöne und für den Schwarzwald so bekannte St. Georgen. Von dort aus geht es über kleinere Straßen weiter nach Schönwald auf die B500 und gleich danach weiter zu Deutschlands höchsten Wasserfällen in Triberg. Am Eingang der Triberger Wasserfälle begrüßt uns ein 2,20 Meter hoher – und handgeschnitzter – Schwarzwälder Uhrenträger. Wer ihn schon für groß hält, wird seinen „großen Bruder“ vermutlich als gigantisch erachten. Mit vier Metern Höhe gilt dieser nämlich als der weltgrößte Uhrenträger. Zu sehen ist er im Triberger Parkhotel Werle. Aber auch das Schwarzwaldmuseum mit seiner großen Drehorgel-Sammlung und die Wallfahrtskirche mit ihrem beeindruckenden Barockaltar sind dort einen Besuch wert.
Der Kuckuck ruft aus Triberg
Richtig berühmt geworden aber ist Triberg wegen der weltgrößten Kuckucksuhr im Eble Uhrenpark, die von innen und außen besichtigt werden kann. Ihr Pendant, die weltkleinste Kuckucksuhr, gibt es in der Uhrenfabrik Hubert Herr zu bestaunen. Sie ist nur 13,5 Zentimeter hoch.
Hinter Triberg mündet die B500 wieder in die B33, wo wenig später das „Haus der 1 000 Uhren“ einen Besuch lohnt. Hier gibt die Tribären-Familie zu jeder Viertelstunde ein kleines Konzert. Zur halben und vollen Stunde grüßt der Kuckuck aus seiner Uhr. Parallel der Gutach verläuft die Strecke später über Hornberg ins gleichnamige Dorf.
In der Heimat des Bollenhutes machen wir Rast und überlegen kurz ob auch wir uns mit dem Schwarzwaldbob die örtliche Rodelbahn hinunterstürzen sollen. Wir entscheiden uns dann aber doch dafür, dem Treiben nur eine Weile zuzusehen und alsbald unsere Fahrt fortzusetzen.
Freilichtmuseum Vogtsbauernhof
Einige Kilometer weiter bietet das Freilichtmuseum Vogtsbauernhof Schwarzwaldgeschichte der letzten 400 Jahre. In der guten Stube zeigt Bollenhutmacherin Gabriele Aberle aus Gutach die traditionelle Herstellung der weltweit bekannten Hüte. Ein echter Bollenhut wiegt übrigens stolze 1,5 Kilogramm. Bei ledigen Frauen sind die Bollen rot, sobald sie verheiratet sind tragen sie schwarze Bollen. Unser Weg führt uns weiter durch das Kinzigtal. Hier befinden wir uns übrigens schon im Bereich des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord.
Kurz hinter Gutach fahren wir durch Wolfach. In der Zeit von Mai bis Oktober führt hier jeden Donnerstag- und Samstagabend ein Nachtwächter durch die Straßen. Jetzt könnten wir uns quasi auf direktem Weg wieder in Richtung Ausgangsort machen. Aufgrund des guten Wetters entschließen wir uns aber dazu noch eine weitere Schleife über Sankt Roman zu fahren.
Zwischen St. Roman und Bad Peterstal-Griesbach
Wir folgen also weiter der B294 Richtung Schiltach, durchfahren den Wolfacher Ortsteil Kinzigtal und biegen kurz vor Lehengericht nach links auf das „Sulzbächle“ ein. Die Strecke ist normalerweise etwas für Schwarzwald-Insider.
Bei dem Gedanken an Sankt Roman kommt mir gleich der Spruch „Suchst Du einen Mann, wallfahr nach St. Roman“ in den Kopf. Dem Schutzpatron der Kirche St. Roman wird nämlich nachgesagt, Mädchen beim Finden eines geeigneten Mannes helfen zu können. Früher sollen deshalb viele heiratswillige Frauen am Patroziniumstag (9. August) in die Bergkirche gekommen sein. Heute lockt vor allem die schöne Umgebung des kleinen Bergdorfes.
Nicht minder kurvig und bergauf wie bisher geht es weiter nach Bad Peterstal-Griesbach.
„Natürlich und rein …“ – so werben, sicher nicht zu Unrecht, die großen Abfüller in Bad Peterstal und Bad Griesbach für ihr vor allem im Schwarzwald bekanntes, gleichnamiges Mineralwasser. Bad Peterstal-Griesbach liegt mitten im oberen Renchtal.
Für Liebhaber zweirädriger Gefährten lohnt sich ein Besuch des Moped- und Rollermuseums im Ortsteil Bad Peterstal. Auf 230 Quadratmetern befinden sich etwa 90 Exponate aus der Zeit der 1950er bis 1980er Jahre. Jetzt schon wieder oberhalb von Bad Peterstal-Griesbach, sind wir am Wegscheidkreuz Alexanderschanze. Hier, auf fast 1 000 Metern Höhe ist ein Wildtierpark geplant.
Sternedorf Baiersbronn
Als nächstes erreichen wir die Passhöhe Ruhestein auf der Schwarzwaldhochstraße. Einst verlief hier die Grenze zwischen dem Großherzogtum Baden und dem Königreich Württemberg. Ein großer Sandstein-Findling mit Grenzzeichen legt heute noch Zeugnis davon ab. Hier befindet sich das Nationalparkzentrum des Nationalparks Schwarzwald mit einer Dauerausstellung. Ruhestein ist zudem ein beliebtes Ziel für Wintersportler. Aber die Skilifte lassen uns kalt, denn wir setzen unseren Weg nach Baiersbronn fort.
Willkommen im Sternedorf Baiersbronn: Nein, wir sind nicht auf der Fahrt hierher dehydriert und zeigen nun erste Anzeichen von Wahnsinn. Obwohl, wahnsinnig ist es schon, was hier in den Sterne-Restaurants gezaubert wird – und zwar wahnsinnig gut!
Mit insgesamt acht Michelin-Sternen – drei für die Schwarzwaldstube im Hotel Traube in Tonbach, drei für das Gourmetrestaurant Bareiss im Hotel Bareiss in Mitteltal und zwei für das Restaurant Schlossberg im Hotel Sackmann in Schwarzenberg – besitzt Baiersbronn laut einem Artikel aus der New York Times genauso viele Restaurants mit drei Michelin-Sternen wie London.
Dies würde man der waldreichsten Feriengemeinde Baden-Württembergs auf den ersten Blick eigentlich gar nicht zutrauen, oder? Im Ort Mitteltal sind drei von acht Sternen zuhause. Er ist der größte Teilort von Baiersbronn. Besonders die Landschaft des Murgtals erfreut hier die Besucher.
Aus Obertal-Buhlbach-Schliffkopf, genauer gesagt aus der Glashütte Buhlbach, stammen die modernen Champagnerflaschen mit Namen Buhlbacher Schlegel. Auch noch erwähnt werden sollte Tonbach, denn in ihm schließt sich der kulinarische Kreis wieder. Das Restaurant Schwarzwaldstube hat seine drei Michelin-Sterne erstmalig im Jahr 1992 verliehen bekommen – und sie seither nie mehr abgegeben.
Mit Stopp beim Seeheiner nach Bad Wildbad
Vor lauter Haute Cuisine ganz hungrig machen wir uns auf den Rückweg nach Bad Wildbad und halten beim beliebten Bikertreff Seeheiner an der Nagoldtalsperre an. Hier ist es nicht preisgekrönt, aber sehr lecker! Von dort geht es das Schorrental hoch auf die B 294 und über Aichelberg zurück zu unserem Ausgangsort.